Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Was müssen Hotels ab Juni 2025 beachten?

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Mario Vogelsteller

Ab dem 28. Juni 2025 ist in der Europäischen Union das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es setzt die europäische Richtlinie zur Barrierefreiheit um und zielt darauf ab, allen Menschen die gleichberechtigte Nutzung von Produkten und Dienstleistungen zu ermöglichen – unabhängig von körperlichen Einschränkungen. Für Hoteliers bedeutet dies, dass sie bestimmte digitale Angebote ihres Hotels technisch und inhaltlich so gestalten müssen, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Neue gesetzliche Anforderungen für die Hotellerie

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft insbesondere Unternehmen, die Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher erbringen. Dazu zählen beispielsweise Hotels, die eine Website mit Online-Buchungsfunktion betreiben, eine App zur Verfügung stellen oder digitale Informationen rund um den Aufenthalt anbieten.

Auch Check-in-Automaten oder Self-Service-Terminals, etwa in der Lobby oder im Wellnessbereich, können unter die Regelung fallen. Entscheidend ist, ob diese Angebote nach dem 28. Juni 2025 neu eingeführt oder wesentlich verändert werden.

Übrigens: Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro sind in vielen Bereichen ausgenommen, jedoch nicht generell. Wer beispielsweise technische Geräte wie ein digitales Check-in-Terminal nutzt, unterliegt dennoch den gesetzlichen Vorgaben.

Was Barrierefreiheit für Hotels bedeutet – und warum sie alle betrifft

Barrierefreiheit bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlichen körperlichen oder situativen Einschränkungen digitale Angebote uneingeschränkt nutzen können. Dabei geht es nicht nur um Menschen mit Behinderungen, sondern auch um alltägliche Situationen, in denen digitale Barrieren schnell zum Problem werden können.

Einige Beispiele:

  • Eine Hotelwebsite ist schlecht lesbar auf dem Smartphone bei Sonnenlicht. Das betrifft jeden, der im Urlaub spontan etwas nachschauen möchte.
  • Auch ältere Gäste, die kleinere Schriften nur schwer entziffern können, profitieren von einer klaren Gestaltung mit gutem Kontrast.
  • Wer nur eine Hand frei hat – etwa mit einem Kind auf dem Arm oder beim Tragen eines Koffers – ist auf eine einfache, intuitive Bedienung angewiesen.
  • Menschen mit Hörbeeinträchtigungen wiederum benötigen Untertitel in Videos oder schriftliche Informationen anstelle nur akustischer Hinweise.
  • Für blinde oder sehbehinderte Nutzer muss eine Website vollständig mit einem Screenreader bedienbar sein.

Barrierefreiheit im digitalen Bereich ist daher kein Nischenthema, sondern eine Voraussetzung für guten Service und hohe Benutzerfreundlichkeit. Dies gilt besonders für die Hotelbranche, in der die digitale Kommunikation eine zentrale Rolle spielt – von der Buchung über die Anreiseinformationen bis hin zur digitalen Gästemappe. Ein barrierefreies Nutzererlebnis ist daher entscheidend.

Digitale Barrierefreiheit: Was konkret zu tun ist

Für Hotels ist vor allem der digitale Bereich von Bedeutung. Das neue Gesetz schreibt vor, dass Websites, über die Dienstleistungen angeboten oder verkauft werden, barrierefrei nutzbar sein müssen. Dazu zählen unter anderem die Buchungsmaske, Kontaktformulare sowie die Darstellung von Informationen zu Zimmerkategorien, Preisen und Wellnessangeboten.

Die Website muss so gestaltet sein, dass Menschen mit Sehbehinderung, motorischen Einschränkungen oder anderen Beeinträchtigungen alle Inhalte erfassen und bedienen können. Dabei kommt es auf technische Standards an, die sich an den Richtlinien der WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines) orientieren. Diese international anerkannten Vorgaben schreiben beispielsweise vor, dass Texte ausreichend kontrastreich dargestellt werden, Bilder mit sogenannten Alternativtexten versehen sind und die Website auch über die Tastatur bedienbar bleibt.

Barrierefreiheitserklärung ist Pflicht

Zudem sind Hoteliers dazu verpflichtet, auf ihrer Website eine Erklärung zur Barrierefreiheit zu veröffentlichen. In dieser geben sie an, inwieweit ihre Website die Anforderungen erfüllt, wo es gegebenenfalls noch Einschränkungen gibt und wie Nutzer:innen Probleme melden können. Auch die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, um auf Barrieren aufmerksam zu machen, ist Pflichtbestandteil dieser Erklärung.

Welche Folgen drohen bei Verstößen?

Wer diese Anforderungen nicht erfüllt, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Die Einhaltung der Vorgaben wird durch staatliche Marktüberwachungsbehörden kontrolliert. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro. Auch Wettbewerber können abmahnen, wenn sie eine nicht barrierefreie Website als unlauteren Wettbewerb werten. Zusätzlich haben betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher oder Verbände die Möglichkeit, rechtlich gegen das Hotel vorzugehen.

Übergangsregelungen bis 2030 oder 2040

Zwar gibt es Übergangsregelungen, sodass bestimmte bestehende technische Systeme (zum Beispiel Selbstbedienungsterminals) noch bis zu 15 Jahre weiterverwendet werden dürfen, doch auf lange Sicht führt kein Weg an der Barrierefreiheit vorbei. Wer bis zum Stichtag nichts unternimmt, riskiert nicht nur Strafen, sondern auch das Vertrauen seiner Gäste. Denn digitale Barrierefreiheit ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch ein wichtiges Zeichen für Serviceorientierung, Kundenfreundlichkeit und modernes Denken.

Was Hotels jetzt tun sollten

Der erste Schritt für Hotels ist eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wie barrierefrei sind unsere bestehenden digitalen Angebote tatsächlich? Dabei sollten nicht nur die Website, sondern auch jede App, jedes Buchungsformular und jeder digitale Informationskanal unter die Lupe genommen werden.

Barrierefreiheit darf dabei kein „Zusatzfeature“ sein, das am Ende eines Projekts irgendwie noch ergänzt wird. Sie muss von Anfang an mitgedacht werden, beispielsweise bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen, bei der technischen Entwicklung und bei der Qualitätssicherung.

Auch im Team sollte das Thema ankommen. Mitarbeitende, die an digitalen Projekten beteiligt sind – von der Rezeption bis zur Agentur – sollten wissen, worum es geht, welche gesetzlichen Vorgaben es gibt und welche Lösungen möglich sind.

Und vor allem: Jetzt anfangen! Denn Barrierefreiheit ist kein Projekt, das sich in letzter Minute nebenbei umsetzen lässt. Wer frühzeitig handelt, hat nicht nur mehr Spielraum, sondern zeigt auch Verantwortung gegenüber allen Gästen.

Jetzt handeln – und langfristig profitieren

Das bedeutet für Hoteliers: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die eigene Website und alle digitalen Angebote auf den Prüfstand zu stellen. Wer sich frühzeitig mit der Umsetzung beschäftigt, hat genug Zeit für Anpassungen und kann sicherstellen, dass das eigene Hotel auch nach dem 28. Juni 2025 rechtssicher und für alle zugänglich ist. Eine barrierefreie Website bringt darüber hinaus ganz praktische Vorteile: Sie ist meist klarer strukturiert, schneller nutzbar und erreicht eine größere Zielgruppe – von älteren Gästen bis hin zu Reisenden, die auf mobile Endgeräte oder assistive Technologien angewiesen sind.

Kurz gesagt ist Barrierefreiheit also kein technisches Gimmick, sondern ein Qualitätsmerkmal, das in Zukunft zur Grundausstattung eines professionellen Hotelbetriebs gehören wird. Wer hier rechtzeitig handelt, verbessert die Nutzererfahrung und die Marktposition seines Hotels.