Geistige Leistungsfähigkeit im Alter
Wie in jedem Kommunikationsprozess ist auch im Webdesign eine der wichtigsten Aufgaben, die Aufmerksamkeit der Benutzer für sich zu gewinnen. Allerdings wird die Benutzerfreundlichkeit häufig durch zu große Informationsmengen, einen ständig ansteigenden Informationsinput, eine hohe Komplexität und Vernetztheit der Informationen, eine große Anzahl vergleichsweise ähnlicher Angebote, eine häufig geringe Informationsqualität, einem hohen Anteil von irrelevanten und ablenkenden Inhalten, sowie häufig falschen Designstrategien bei der Hervorhebung von Informationen erschwert. Um die immer komplexer werdenden Hintergründe im Internet zu durchschauen, irrelevante Informationen von relevanten und seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden, ist der Benutzer gleichzeitig dazu gezwungen, mehr auszufiltern, mehr zu vergessen, flüchtiger wahrzunehmen und weniger zu reflektieren. In dem folgenden Abschnitt meiner Abschlussarbeit habe ich untersucht, inwieweit die geistige Leistungsfähigkeit im Alter nachlässt und wie ältere Benutzer unter diesem Gesichtspunkt mit den oben genannten Problemen umgehen.
Veränderung der Sinnesfunktionen bei Senioren
Im Allgemeinen wird angenommen, dass es im Alter zu einer Verminderung und Verlangsamung der Sinnesfunktionen und der mit ihnen zusammenhängenden Motorik kommt. Dies bedeutet, dass weniger Reize über die Sinnesorgane aufgenommen werden und ihre Verarbeitung und Beantwortung langsamer erfolgt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch erwiesen, dass diese Prozesse nicht erst im Seniorenalter, sondern bereits im dritten und vierten Lebensjahrzehnt einsetzen. Zudem können äußere Einflüsse dazu beitragen, die Funktionen der Sinnesorgane frühzeitig zu schädigen. So hat beispielsweise der Konsum von Nikotin schädliche Auswirkungen auf die Geruchs- und Geschmacksempfindlichkeit von Menschen.
Ein typisches Beispiel für eine Verminderung der Sinnesfunktion ist die verminderte Akkomodationsfähigkeit des Auges: Durch muskuläre Veränderungen und den Elastizitätsverlust der Augenlinse nimmt die Licht- und Farbempfindlichkeit der für die Sehleistung zuständigen Stäbchen und Zäpfchen ab und die Reaktionsfähigkeit der Pupillen verringert sich. Ähnliche Veränderungen finden im Ohr statt: Eine verringerte Sensibilität der Hörzellen, die Verknöcherung der Gehörknöchel oder die Erschlaffung der Bandapparate führen zu einer Verringerung des Spektrums wahrnehmbarer Frequenzen. Durch eine Verringerung der Hautsensibilität kommt es obendrein zu nachlassender Tast- und Vibrationsempfindlichkeit. Parallel dazu erfolgt auf motorischer Ebene eine Bewegungsverlangsamung, eine Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit, die zunehmende
Steifheit der Muskulatur, eine Koordinationsminderung bei komplizierten Bewegungsabläufen und abgeschwächten Reflexen.
All diese Altersverläufe wirken sich natürlich auch auf die Arbeit am Bildschirm aus: So kommt es während meiner Arbeit mit Senioren häufig vor, dass ältere Besucher einer Internetseite zum Beispiel Texte aufgrund zu kleiner Schrift oder eines zu geringen Kontrastes nicht deutlich lesen können oder infolge nachlassender Motorik nicht fehlerfrei mit der Maus navigieren können, da Links zu klein gestaltet sind.
Kognitive Leistungen
Das Problem der Informationsüberflutung wurde obenstehend bereits geschildert: Im Internet gibt es zu jedem beliebigen Thema unzählige Seiten mit Hunderten von Links zu ähnlichen Beiträgen und Menüs mit unzähligen Auswahlmöglichkeiten. Man spricht hier auch vom Information Overload. All diese Informationen übersteigen jedoch die Kapazität des menschlichen Kurzzeitgedächtnisses. Ein Leser, der sich durch Dutzende von Hypertext-Seiten klickt, wird all das wieder vergessen, was er nicht besonders intensiv gelesen hat, denn kaum ein Benutzer wird die Zeit dazu haben und sich intensiv anstrengen, all diese Informationen auswendig zu lernen. Und selbst wenn er es täte, wäre dies keine Leistung des Kurzzeitgedächtnisses mehr, da gelernte Informationen im Langzeitgedächtnis gespeichert werden.
Dreispeichermodell des Gedächtnisses
Nach der Reizaufnahme gelangen die registrierten Empfindungen zunächst in den sensorischen Speicher unseres Gedächtnisses, welcher als Teil des Wahrnehmungsapparates verstanden werden kann. Das sensorische Gedächtnis verfügt über eine sehr hohe Speicherkapazität und speichert alle über die Sinnesorgane aufgenommenen Reize, allerdings nur für eine sehr kurze Dauer. Es ist überdies in einen ikonischen und einen echoischen Speicher untereilt: Im ikonischen Speicher werden visuelle Informationen für ungefähr 0,5 Sekunden bei sehr schnellen Zugriffszeiten zwischengespeichert. Im echoischen Speicher werden akustische Informationen gespeichert, welche allerdings bis zu 5 Sekunden in diesem Gedächtnis verbleiben können. Die Zugriffszeit hier ist ebenfalls sehr kurz. Bei der Gestaltung barrierefreier Inhalte sollte sich also beispielsweise die Zeilenlänge eines Textes an der Speicherdauer des sensorischen Gedächtnisses orientieren, um eine optimale Lesbarkeit des Textes im Netz zu gewährleisten. Bei zu langen Zeilen verliert der Leser ansonsten auf dem Weg zurück zum linken Textrand den Zeilenanfang. Die im sensorischen Gedächtnis gespeicherten Informationen werden zu Informationsbündeln verarbeitet und gelangen anschließend in das Kurzzeitgedächtnis, welches für die Problemlösungsprozesse zuständig ist. In diesem Teil des Gedächtnisses spielt sich der größte Teil der bewussten Denkarbeit ab. So werden hier zum Beispiel die einzelnen Wörter eines Textes solange gespeichert, bis sie zusammen einen Sinn ergeben. Ein Mensch kann nur sieben zusammenhängende Informationseinheiten, sogenannte Chunks, über einen Zeitraum von 15-30 Sekunden in seinem Kurzzeitgedächtnis speichern kann. Derartige Chunks können aus Zahlen, Buchstaben, Wörtern oder gar Sätzen bestehen und sind personenspezifische Größen. Allerdings ist das Kurzzeitgedächtnis besonders anfällig gegenüber Störungen: Schon eine kurze Ablenkung von 0,1-0,5 Sekunden kann zu einer Löschung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis führen. Jedoch lassen sich durch Gruppierung von Informationen auch künstliche Chunks erzeugen, wodurch die Ausnutzung des Kurzzeitgedächtnisses optimiert werden kann. In Alltagssituationen kann die Anzahl der Informationen, die sich ein Internetbenutzer im Kurzzeitgedächtnis merken kann, dagegen noch weitaus geringer sein. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Sowohl gute Laune als auch schlechte Laune können das Gedächtnis negativ beeinflussen, gleiches gilt für Stress, Lärm, Alkoholkonsum, mäßige Intelligenz oder eben das Alter. Bei der Gestaltung von Websites sollten deswegen die dargebotenen Informationen stets nach der Merkfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses gegliedert und der Leser nicht von seitenlangen Textblöcken erschöpft werden. Diese Regel gilt für den gesamten Web-Auftritt.
Die dauerhafte Speicherung von Wissen findet im Langzeitgedächtnis statt, dessen Kapazität nach dem heutigen Forschungsstand unbegrenzt zu sein scheint. Schwächen, sich Neues zu merken, hängen demnach nicht mit Kapazitätsproblemen zusammen, sondern beruhen auf einem Unvermögen, neue Informationen auf eine geeignete Weise in das Langzeitgedächtnis einzufügen. Ob der Inhalt des Kurzzeitgedächtnisses überhaupt in das Langzeitgedächtnis übertragen werden kann, hängt davon ob, ob diese an bereits im Langzeitgedächtnis vorhandene Informationen angeknüpft werden können. Dies kann bei einem Web-Auftritt zum Beispiel dadurch erreicht werden, dass man bekannte Elemente aus dem Alltag in die Website integriert. Allerdings ist das Langzeitgedächtnis im Vergleich zu dem sensorischen Gedächtnis und dem Kurzzeitgedächtnis äußerst langsam: Das Eintragen von Informationen in das Langzeitgedächtnis dauert im kürzesten Fall etwa acht Sekunden pro Chunk. So viel Zeit wird allerdings kaum ein Internetbenutzer aufbringen, um sich Informationen auf einer Seite zu merken. Es muss jedoch erwähnt werden, das Chunks in diesem Fall von einer anderen Art und Größenordnung sein können, als bei den anderen beiden Gedächtnisarten: Durch Assoziationen wie Generalisierung, Spezialisierung, Ähnlichkeiten, Ausnahmen, Teilbeziehungen aber auch semantisch kaum erkennbare Zusammenhänge, können höchst komplexe Konstrukte gebildet werden, wodurch die Größe und Wirksamkeit von Chunks wesentlich gesteigert werden kann. Allerdings wird das Langzeitgedächtnis auch von bisher ungeklärten Vergessensphänomenen heimgesucht: Wissen geht scheinbar verloren, später kommt es jedoch unter Umständen leicht verändert wieder zum Vorschein. Das Problem liegt hier laut Herczeg bei unzureichenden oder verschütteten Pfaden zum Wissen.
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Mein Name ist Mario Vogelsteller und ich wohne in Minden. Ich bin seit über 10 Jahren Ihr Experte für SEO, SEA (z.B. Google Ads), Content Marketing und Usability. Zu meinen Kunden zählen Reiseveranstalter, Reisebüros, Hotels und Vermieter von Ferienunterkünften, sowie kleine Unternehmen wie Arztpraxen, Rechtsanwälte oder Handwerker.